Viele Menschen haben im Herkunftsland oder auf der Flucht Erfahrungen mit Gewalt, schweren Menschenrechtsverletzungen oder Folter machen müssen. Angekommen, brauchen sie neben psychosozialer und therapeutischer Unterstützung vor allem Sicherheit.

Neben der psychosozialen Beratung für unsere Klient*innen ist die psychotherapeutische Behandlung eine Kernaufgabe von Refugio.
Zu unserem multimodalen, integrativen, kultur- und traumasensiblen Behandlungsansatz gehören auch Kunst-, Musik-, Bewegungs- und Körpertherapien. Sie finden einzeln oder in Gruppen statt und sind auf spezielle Zielgruppen zugeschnitten.
Hierbei ist zu beachten, dass eine Teilnahme an unseren Angeboten erst nach einer Neuaufnahme möglich sind.
Nach der Neuaufnahme und dem Erstgespräch folgen Clearing, Diagnostik, Beratungsgespräche und bei Bedarf Psychoedukation oder eine entsprechende therapeutische Behandlungsmöglichkeit.
Das erste Ziel in der Therapie, insbesondere mit schwer traumatisierten Menschen ist die Herstellung einer Situation der Sicherheit und des Vertrauens. Gleichzeitig gehört dazu auch die Aufklärung über die gemachten Erfahrungen mit Gewalt und ihren Folgen (Psychoedukation). Zudem sollte das Vorgehen durch Zurückhaltung und Vorsicht bestimmt sein, denn die Klient*innen sind ja gerade durch permanente extreme Grenzverletzungen gezeichnet. Andernfalls besteht im ungünstigsten Fall die Gefahr einer Retraumatisierung.
Multimodale Behandlungsangebote
Kunsttherapie

Im Mittelpunkt der Kunsttherapie steht der Prozess des Gestaltens mit künstlerischen Mitteln wie Malen, Zeichnen und Plastizieren. Das Eintauchen in die Gestaltung und die Bewältigung der technisch-handwerklichen Probleme bindet die Aufmerksamkeit an konstruktives Tun. Dies fördert die Konzentrations- und Entscheidungsfähigkeit und das Vertrauen in das eigene Handeln. Kunsttherapie wirkt stärkend auf die Wahrnehmung, die persönlichen Ressourcen und ist stabilisierend. In der traumatherapeutischen Arbeit bietet Kunsttherapie einen ersten, sensiblen nonverbalen Zugang zu verschütteten Emotionen und findet einen Ausdruck für Erlebnisse, die (noch) nicht in Worte gefasst werden können. Der kunsttherapeutische bzw. kunstpädagogische Ansatz wird auch mit Erfolg in der Prävention eingesetzt. Mit Erlaubnis der Klient*innen stellen wir ausgewählte Arbeiten auch aus oder veröffentlichen diese in einem Katalog. Dadurch werden die schweren aber auch leichten Themen, Erlebnisse und Gedanken sichtbar.
Musiktherapie
Das Konzept dieser Angebote ist ressourcenorientiert und integrativ. Es soll den Teilnehmenden, teilweise in Ergänzung zu einer Einzeltherapie, die Gruppenerfahrung wieder zugänglich machen.
Gruppen- und Einzelimprovisationen bieten die Erfahrung unmittelbaren gemeinsamen Erlebens, die Möglichkeit zum kreativen Ausdruck bzw. zum (Mit)Teilen individueller Seinszustände, zu direktem emotionalem Ausdruck, zur Identitätsstärkung und Integrationserfahrung. Musiktherapie kann im Sinne moderner Traumatherapie zur Stabilisierung und Entlastung eingesetzt werden, um Kräfte und Potentiale zu mobilisieren.
Körper- und integrative Bewegungstherapie

Körperliche Schmerzen sind untrennbar mit den seelischen verbunden. Eine belastete Körperlichkeit kann eine Belastung der Gefühle oder der Gedanken zur Folge haben. Folterüberlebende sind konkret in ihrer Leiblichkeit bedroht und beschädigt worden, was in der Regel zur Ausbildung einer akuten oder chronischen Stressphysiologie führt und Auswirkungen auf den emotionalen, kognitiven und auch sozialen Bereich hat.
Die äußere Bewegung bewirkt so auch eine innere Bewegung. Beispielhaft haben Ines Nastali und Sandra Sperling dies in einem Filmbeitrag dokumentiert.

Wir bieten außerdem Fußball-, Theater-, Tanz- oder Akrobatikangebote für Kinder und Jugendliche an, vorwiegend in Kooperation mit Sportvereinen, Schulen oder anderen Organisationen. Bewegungstherapeutische Angebote wirken per se entlastend. Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen werden zudem psychologisch begleitet und sind an unser Zentrum angebunden. Diese Gruppenangebote haben eine Brückenfunktion und ermöglichen einen leichteren Zugang zu therapeutischer Behandlung.
Das Trauma integrieren
Schließlich kann dann mit Hilfe der oben genannten Möglichkeiten und unter positiven Voraussetzungen versucht werden, Stück für Stück Teile der traumatischen Erlebnisse zu besprechen. Vieles, was vorher nicht zu ertragen war, kann jetzt unter Umständen in der Erinnerung gemeinsam ausgehalten und auf eine andere Weise verarbeitet werden. So kann es gelingen, das Krankmachende des Traumas aufzulösen und den KlientInnen einen weniger leidvollen Umgang damit zu ermöglichen.
Die Arbeit wird immer wieder von aktuellen Entwicklungen im Asylverfahren und den widrigen Bedingungen des Alltagslebens Geflüchteter zurückgeworfen. Auch dramatische Vorkommnisse im Herkunftsland können sich negativ auf die Behandlung auswirken und die Klient*innen in eine Krise stürzen. Die therapeutische Arbeit konzentriert sich dann auf die Stützung der Klient*innen und auf die Stärkung ihrer eigenen Ressourcen und Möglichkeiten.
Vergessen lässt sich eine traumatische Erfahrung nicht, aber sie kann in ihrer Ausschließlichkeit aufgelöst und wieder in die Lebensgeschichte integriert werden.
In der Praxis gelingt dieser Idealverlauf oft nur teilweise.
Doch auf diesem Weg konnten wir vielfach eine Verbesserung der psychosozialen Gesundheit, positive Einflüsse auf das Familiensystem und individuell auf Teilhabechancen beobachten und begleiten.